Bachelor Projekt - Olivia Thomas
Woher kommt unsere Kleidung und wer stellt sie her?

Noch nie hatten wir so viel Kleidung. In dieser Welt des Überflusses ist es nicht leicht alle Zusammenhänge der Produktion unserer Kleidung zu begreifen. In Wahrheit benötigt es aber 140 Menschen ein ein­faches T-Shirt herzustellen. Die Geschichte eines Kleidungsstücks beginnt also weit vor der Kleiderstange und endet weit nach ihr. Die im Schatten der Modeindustrie agierenden Leute stellen unter oft extremen Bedingungen kostengünstige Kleidung her.
„Was brauche ich wirklich?“ sollte zur zentra­­len Frage werden, um ein Umdenken zu inspirieren. Wir müssen uns wieder daran erinnern, dass unsere Entscheidungen als Konsument*innen die Lebensgeschichten derjenigen beeinflussen, die unsere Kleidung herstellen. 

Der Ausgangspunkt meiner Bachelorarbeit war mein Praktikum in Indien im vorherigen Semester. Während meiner Tätigkeit für eine Modemarke, die sich darauf konzentriert, das indische Handwerk zu fördern und nachhaltige Existenzgrundlagen für Kunsthandwerker*innen zu schaffen, wurde mir zunehmend bewusst, dass an der Herstellung eines einzigen Kleidungsstückes sehr viele Menschen beteiligt sind. Aufgrund meiner vertieften Beschäftigung mit dem Thema Textil während des Praktikums und der direkten Konfrontation mit den Herausforderungen in der Textilindustrie in Schwellenländern habe ich mich entschieden, dieses Thema in meiner Bachelorarbeit weiter zu behandeln.
Der anhaltende Konsum hinterlässt nicht nur einen viel zu vollen Kleiderschrank, sondern schafft gleichzeitig ausbeutende Bedingungen für diejenigen, die diese Kleidung produzieren. Doch es besteht Hoff­nung. Immer mehr Menschen verfolgen das Ziel, dieser Ausbeutung ein Ende zu setzen und rufen dazu auf Verantwortung für unseren Konsum zu übernehmen. Sowohl konkrete Initiativen als auch ein gen­erelles Umdenken zeigen, dass nachhaltige und sozial verträgliche Produktion möglich sein kann. 
In Vergangenheit haben wir Mittel und Wege gefunden Kleidung möglichst billig herzustellen. Gegenwärtig sollten wir die gleiche Energie dafür einsetzen, um po­si­tive Veränderungen herbeizuführen und einen Beitrag zu einer verantwortungs­bewusst­­e­ren Zukunft zu leisten.​​​​​​​​​​​​​​
Ausstellung
Meine Bachelorarbeit ist zweigeteilt. Sie besteht zum einen aus einer Ausstellung, die die Problematik thematisiert und zum zweiten aus einem Reperatur-Set für Kleidung, das einen Lösungsansatz für das Problem darstellt. 
Für die Ausstellung habe ich fünf beispielhafte Personas entwickelt, die verschiedene Bereiche der Textilindustrie repräsentieren. Diese sorgfältig recherchierten Persönlichkeiten bieten einen Einblick in die Menschen hinter der Kleidungsproduktion, von der kreativen Gestaltung bis hin zur handwerklichen Umsetzung. Jede dieser Personas erzählt ihre eigene Geschichte und bringt die Komplexität und die unterschiedlichen Perspektiven der Menschen, die Kleidung herstellen zum Ausdruck.
Da Fast Fashion ein ernsthaftes Problem darstellt und viele Menschen in meiner Zielgruppe regelmäßig bei den betreffenden Marken einkaufen, war es mir ein Anliegen, diese Menschen auf T-Shirts vorzustellen, die zu Marken gehören, welche selbst Teil des Problems sind – darunter H&M, C&A, Primark, Jack and Jones, Mango, Zara, etc.
Die Geschichten der Personas wurden von verschiedenen Menschen handschriftlich verfasst und später auf die T-Shirts gestickt. Die Entscheidung, die Schriften in Handschrift zu verfassen, basiert auf der Idee, dass es sich um die individuelle Handschrift der Menschen handelt, die unsere Kleidung herstellen, und somit ein Teil von ihnen in jedem Kleidungsstück zurückbleibt.
Wenn 140 Menschen an der Produktion eines
T-Shirts beteiligt sind, wie sollen sie angemessen bezahlt
werden, wenn das T-Shirt selbst nur 3€ kostet?
Reparatur-Set
In dem Projekt fand ich es sehr wichtig eben nicht nur das Problem aufzuzeigen, sondern auch einen Lösungsansatz anzubieten.
Hierfür habe ich ein Reperaturset entwickelt, das alles beinhaltet um kaputte, fleckige oder alte Kleidung zu reparieren und zu verschönern, die ansonsten aus unserem alltäglichen Gebrauch ausgeschlossen würde. Der beigelegte Aufnäher mit der Aufschrift "Leute machen Kleider" dient nicht nur als Symbol, sondern auch als Talisman. So wird er als ständiger Begleiter zur Erinnerung an die Verbindung zwischen Konsument*innen und Produzent*innen.
Der Slogan ruft zur Reflexion und Veränderung auf, indem er daran erinnert, dass unsere Entscheidungen als Konsument*innen die Lebensgeschichten derjenigen beeinflussen, die unsere Kleidung herstellen. 
Der kleine Patch zeigt, dass selbst vermeintliche Mängel Raum für Kreativität bieten. Das Reparieren bleibt grenzenlos. Mit jeder kaputten Stelle kann man immer wieder neu anfangen, sich ausprobieren, neue Lösungen finden und seine Kleidung auf neue Abenteuer schicken. ​​​​​​​
Bei der Ausstellung gab es einen "Call to Action" Bereich, bei dem ich persönlich die von den Besucher*innen mitgebrachten Kleidungsstücke mit einem der fünf verschiedenfarbenden Patches versehen habe.
Die Produktionskette von Textilien ist komplex und oft von globalen Strukturen geprägt. Vom Anbau der Rohmaterialien bis zum Endprodukt durchläuft sie verschiedene Stadien.
Die textile Lieferkette ist problematisch aufgrund ihrer erheblichen Umweltauswirkungen, die von der Rohstoffgewinnung bis zur Produktion reichen. Chemikalien, Wasserverbrauch und Energieintensität belasten die Umwelt. Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie sind oft prekär, insbesondere in Entwicklungsländern, wo niedrige Löhne und unsichere Arbeitsbedingungen vorherrschen. Die Globalisierung führt zu Ausbeutung von Arbeiter*innen und fördert eine Wegwerfkultur mit häufigem Modewechsel. Mangelnde Transparenz in der Lieferkette erschwert es Verbraucher*innen, die genauen Bedingungen der Produktion zu verstehen. Daher ist eine nachhaltige und ethische Herangehensweise entscheidend, um Umweltauswirkungen zu minimieren und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. 
Textile Exchange: Umfassende Ressource zur nachhaltigen Textilproduktion.​​​​​​​
Fair Wear Foundation: Organisation für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie.
Fashion Revolution: Eine Bewegung, die Transparenz in der Modebranche fordert.
Clean Clothes Campaign: Internationale Kampagne für faire Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie.
Fashion Changers: Plattform für nachhaltige Mode und Lifestyle.
Entdecke deinen Kleiderschrank neu:
*Nimm dir Zeit, deinen Kleiderschrank zu durchstöbern.
*Finde Kleidungsstücke, die du magst, aber schon lange nicht mehr getragen hast.
*Überlege, wie du sie neu kombinieren kannst.
Tauschen oder Weitergeben:
*Bevor du Kleidung wegwerfen oder spenden möchtest, überlege, ob Freunde im Freundeskreis Freude daran haben könnten.
*Erwäge die Teilnahme an Tauschpartys, sei es öffentlich oder im Bekanntenkreis.
Reparieren:
*Vermeide überflüssige Neuanschaffungen.
*Lerne grundlegende Reparaturtechniken, wie Nähen oder Stricken, um Kleidungsstücke zu retten.
Leihen:
*Informiere dich über Leihsysteme wie die Kleiderei, um temporär Abwechslung in deinen Kleiderschrank zu bringen.
Selbst produzieren:
*Erkunde die Möglichkeit, deine Kleidung selbst herzustellen. Nutze dafür Online-Tutorials oder besuche Näh- und Strickkurse.
Upcycling:
*Experimentiere mit Upcycling, indem du aus bestehender Kleidung Neues kreierst.
*Lass deiner Kreativität freien Lauf, sei es durch Färben, Umnähen oder andere Ideen.
Second Hand:
*Besuche Second-Hand-Läden, um preiswert und nachhaltig Kleidung aus verschiedenen Jahrzehnten zu finden.
*Fördere die ökologische Seite des Shoppens und verlängere die Lebensdauer von Kleidungsstücken.
Neukauf:
*Wenn du neu kaufst, bevorzuge nachhaltig produzierte Kleidung.
*Achte auf Marken, die faire Produktion und ökologisch verträgliche Materialien gewährleisten.
Gütezeichen:
*Vertraue auf anerkannte Gütezeichen im Textilbereich, die ökologische Standards bestätigen.
*Informiere dich über Tests von Organisationen wie Greenpeace, um die Zuverlässigkeit von Gütezeichen zu überprüfen.
Projektinformation ​​​​​​​
Bachelorprojekt
Datum: Wintersemester 2023/2024
Hochschule: Münster School of Design
Professor*in: Prof. Dipl.-Des. Steffen Schulz, Dipl.-Des. Paul Bičište
Mitwirkende: Olivia Thomas
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